25 Stunden in einem Ashram in Buenos Aires

Hauptsächlich und schon seit wir reisen möchte Sarah ein Ashram besuchen. Aus verschiedenen Gründen hatte es bisher nicht geklappt und teilweise habe auch ich mein Veto eingelegt, weil mir die Regeln dort zu rigoros waren. Das Ashram hier fiel uns zu und die Homepage wie auch der Kontakt per Mail waren einladend. Wir freuten uns auf 1-2 Wochen Ruhe, morgens 4,5h Gartenarbeit oder in der Küche und nachmittags frei bzw. Yoga, philosophische Gespräche, Spanischkurse und jede Menge Austausch mit anderen Volunteeren und Bewohnern. Das war so unsere Vorstellung.

Die Ankunft

Dass wir in unserem Hostel gut 50 Minuten zu spät abgeholt wurden haben wir auf die südamerikanische Mentalität geschoben und gelassen hingenommen, auch dass das Auto für 3 Personen eigentlich viel zu klein war auch. Etwas irritiert waren wir, dass wir nicht wirklich begrüßt wurden, keiner sonst da war (die Frau aus dem E-Mail-Kontakt, die sich freute, uns zu treffen, lebt in Buenos Aires und gar nicht hier...) und die Frau in der Küche nicht Hallo gesagt hat. Nett waren die Äpfel und Orangen zur Begrüßung und dann saßen wir erstmal in einem kleinen, dunklen Raum, mit engen Bänken und Tischen, der das Restaurant bildete. Es war recht kühl. Dann durften wir unser Zimmer beziehen. Wir hatten Bilder im Internet gesehen mit Einzelbetten, waren darauf eingestellt, dass wir eventuell zu viert sein werden. Nein, wir bekamen eine ca. 6qm große Kammer mit Hochbett (selbst gezimmert aus grob gehobelten Ästen), sehr schmal und kaum 1,90m lang. Insgesamt gab es in der Hütte 3 solcher Kammern und ein kleines Bad mit Dusche und WC und weil sonst keiner da ist, bekamen wir einen Schlüssel mit den Worten „Euer Reich“. So haben wir uns auch damit arrangiert und auch damit, dass uns keiner herumgeführt hat oder wenigstens gesagt hat, was in den anderen Gebäuden so ist. Irgendwann kam dann noch jemand, hat sich herzlich entschuldigt, dass keiner da war und hat uns zum Mittagessen abgeholt. Gegen 17.00 Uhr findet eine Yoga-Klasse statt, wurde uns mitgeteilt. Wir haben uns gefreut und gefragt, wer denn noch alles mitmacht – nur wir beide – ok… Das Mittagessen war gut, vegan, auf einem Blechteller angerichtet mit einer Plastikschale mit Suppe drin und einen Tee dazu. Für mich war alles zu sehr in Richtung Ayurveda und zu viele Kräuter und Gewürze.

Die Yoga-Stunde war toll und so verbrachten wir die Zeit bis zum Abendessen (20.00 Uhr) auf der Wiese und in unserem Zimmer – Sitzgelegenheiten im Freien gab es leider keine. Irgendwann bemerkten wir, dass wohl jemand neben uns eingezogen ist – na toll, also teilen wir uns das Bad nun mit jemanden und das, wo die ganze Hütte sehr hellhörig ist. Wir fühlten uns nicht wohl, insbesondere weil uns keiner informiert hat oder den Neuankömmling vorgestellt hat.

Beim Mittagessen sowie beim Abendessen haben wir keinen der Bewohner getroffen. Es ist mal einer vorbeigehuscht, hat schüchtern Hallo gesagt und weg war er – sehr merkwürdig. Die Küche ist ein heiliger Raum, den man nur in sauberer Kleidung betreten darf und nur mit ausgespültem Mund und gewaschenen Händen. Wir durften wohl gar nicht hinein und sie sah auch nicht sehr sauber und einladend aus. wo es Wasser zum trinken gab wurde uns ebenfalls nicht mitgeteilt. Unser Geschirr mussten wir 20m weiter weg unter einem Holzverschlag mit kaltem Wasser spülen. Wie das bei Regen praktikabel sein soll? Wenigstens war unsere neue Mitbewohnerin sehr nett, auch wenn sie kein Wort Englisch sprach und wir kein Wort Spanisch – dennoch war es eine sehr berührende Begegnung von Herz zu Herz.

Die Nacht

Die Nacht war kalt, nein sie war eiskalt. Ich konnte seit unserer Ankunft in Argentinien kaum schlafen und freute mich auf eine erholsame und warme Zeit in Argentinien (Neuseeland war recht kalt). Die Kammer war aber nicht isoliert und es zog durch alle Ritzen. Die Decken wären bei uns Umzugsdecken gewesen und genauso sahen sie aus und genauso unflexibel waren sie. Ich habe gefroren wie ein Schneider, mich von einer Seite auf die andere gedreht, ausstrecken konnte ich mich nicht und so kam ich nicht zum Schlafen. Die Hunde der Nachbarschaft haben fleißig durchgejault, ich hatte Hunger, weil das Essen mich nicht lange satt macht. Es war klar, dass ich das so nicht durchstehen würde, eine Erkältung zog heran und ich wollte nicht krank werden.

Erkenntnisse

Mitten in der Nacht war dann auch Sarah wach und wir redeten miteinander. Aus wirtschaftlichen und rationalen Erwägungen heraus machte es einfach keinen Sinn, 20,- EUR am Tag für Essen und Unterkunft zu bezahlen, dafür jeder noch 4,5h zu arbeiten und im Gegenzug eine Yoga-Stunde zu erhalten. Ein Ashram-Leben fand nicht statt, es war keiner da und die Umstände waren alles andere als akzeptabel. Und dann kam Sarah’s Geistesblitz: „Was machen wir hier eigentlich? Wir haben der Welt etwas zu sagen und es wird Zeit in unseren Ausdruck zu kommen. Das ist hier unter diesen Bedingungen für uns nicht möglich. Wir brauchen Harmonie, ein liebevolles Miteinander auf Augenhöhe und Freiheit zur Kreativität.“ Für diese Erkenntnis alleine haben sich die Strapazen gelohnt!

Unsere Vorstellung von einem Ashram

Für uns ist die Küche und Essraum zentraler Ort in einer Wohn- und Lebensgemeinschaft, ein Ort, an dem Nahrung zubereitet wird und ein Ort, an dem man sich trifft, gemeinsam isst und sich austauscht. Die Küche ist Leben und kein Ort, an dem Menschen ausgeschlossen werden. Wir leben bereits so sehr lichtbewusst, dass jede Lebensgemeinschaft, die von uns initiiert und getragen wird voller Liebe, voller Einheit und voller Leben sein wird, so dass wir uns hinter keinem Ashram dieser Welt verstecken müssen.

Alternative, ökologische und biologische Wohnkonzepte müssen auch nicht zugleich Verzicht bedeuten und einen Rückschritt auf längst überwundene Unannehmlichkeiten oder Härtesituationen. Ein Haus oder eine Unterkunft dient dem Schutz vor Wind und Wetter (bisweilen auch vor Tieren und ungebetenen Gästen aller Art). Es ist daher zweckmäßig und eine Notwendigkeit. Dennoch darf es mit Liebe gebaut und eingerichtet sein. Es muss nicht durch die Wände und Fenster ziehen, es darf schallisoliert sein und es darf schön sein – schön im Sinne, dass man sich darin geborgen und wohl fühlt. Strom, fließend warmes und kaltes Wasser, eine innerhäusig liegende Toilette, Ablagemöglichkeiten, komfortable Schlafmöglichkeiten und ausreichend Sitzgelegenheiten darf es auch bieten. Die Möglichkeit, sich heißes Wasser zu kochen, sollte auch geboten sein. Es sollte in Einklang und Harmonie mit der Natur errichtet sein, nachhaltige Baumaterialien sollten verwendet werden und es sollte ein Ort des Friedens, der Kommunikation und des Miteinanders sein, zugleich aber auch jedem Bewohner genügend Raum der inneren Einkehr, des Rückzugs und der Ruhe bieten.

Feste Regeln

Es scheint in vielen/allen Ashrams viele feste Regeln und Vorschriften zu geben. Das Leben - und ein wahres Ashram sollte das wahre Leben ermöglichen – hat keine Vorschriften und starren Regeln. Das Leben ist Veränderung, ist Transformation, ist Freiheit, ist Kreativität, ist Frieden, ist Ordnung, ist Harmonie und ist Rhythmus.

Fazit

Es war gut, dass wir dort waren. Wir haben einen wunderbaren biologisch und ökologisch bewirtschafteten Garten sehen dürfen. Wir haben zwei wundervolle Menschen kennengelernt, die durch ihr Herz gesprochen haben. Es war schön, dass man sich auch ohne gegenseitige Sprachkenntnisse von Herz zu Herz austauschen kann und sich Seelen jenseits dieser Dinge berühren.

Uns war nach Ruhe, Zeit für uns und Zeit mit gleichgesinnten Menschen, nach einem Ort in der Natur und nach einem Ort, der uns Wärme und Liebe entgegenbringt. Wir freuten uns auf einen Ort voller Leben und Miteinander - das war er aber nicht und so reisten wir wieder ab, ohne Groll oder anderer negativer Emotionen.