Salta, Jujuy, ein Mietwagen und viel Natur

Eigentlich hatte ich nach unserem letzten Mietcamper und Mietwagen gesagt, dass ich auf dieser Reise keinen Wagen mehr mieten werde. Es ist bisher alles gut gegangen, keine Unfälle und keine Schäden, die wir hätten bezahlen müssen. Dieses Glück möchte ich nun in Südamerika nicht weiter ausreizen, zumal die hießigen Straßen- und Rechtsverhältnisse grundlegend anders sind, als wir das gewohnt sind.

Tja, eigentlich....denn kaum hatten wir wieder einen Wagen für eine Woche gebucht, fiel mir ein, dass ich das ja eigentlich nicht mehr wollte. Nun gut, wir werden ihn in einer kleinen Provinzstadt namens Jujuy übernehmen, ein paar Tage durch einsame Berge fahren und ihn dann in Salta am Flughafen wieder abgeben - klingt ja nicht so dramatisch. War es auch nicht. Es ist wieder alles gut gegangen und was wir erlebt haben folgt jetzt:

Mit dem Auto durch den Norden Argentiniens bis auf 4.300m hoch

Jujuy ist nett, ist klein, liegt dann doch recht weit vom gleichnamigen Flughafen entfernt und hat seltsame Schlangen vor der Post. Auf der üblichen Suche nach etwas zu Essen sahen wir auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine lange, lange Schlange, welche sich wie auf Kommando von dieser Seite auf unsere Seite bewegte - Flashmop? Haben wir etwas falsch gemacht, oder warum laufen die alle zu uns rüber? Wir wissen es nicht, es scheint aber ein normales Phänomen zu sein. Der Argentinier scheint Schlangestehen gewohnt zu sein. Im Supermarkt bleibt er auch dann noch ruhig, wenngleich genervt, wenn es an der Kasse über Minuten keinen Milimeter weitergeht. Die Ursache für den Stillstand konnten wir nicht eruieren. Es könnte an der Ausweispflicht bei dem Kauf von Alkohol liegen, an bestimmten Einkaufshöchstgrenzen, bei deren Überschreitung dann eine neue Rechnung begonnen wird oder auch schlicht Langsamkeit. Für uns wäre der Zeitaufwand auf Dauer jedenfalls ein Grund, diese Dinge online zu bestellen und liefern zu lassen - der Markt müsste in Argentinien boomen.

Zurück zu den wesentlichen Dingen: Autofahren in Argentinien. Nun, Vorfahrt hat, wer mutig ist und zuerst fährt. Die Geschwindigkeitsbegrenzungen bleiben auch nach 1 Woche Fahrens ungeklärt - wir wurden eigentlich permanent überholt. Jedoch fährt auch der Argentinier innerhalb von Ortschaften und in deren Nähe recht langsam. Vermutlich wegen der deutlich sichtbaren Polizeipräsenz.

Auf dem Weg von Salta nach Cachi wurden wir denn an einem Kontrollpunkt auch angehalten. Uiui, die kostspielige Erfahrung aus Botsuana wollten wir nicht nochmal machen. Wir wurden nett auf Spanisch angesprochen und ich habe nett gestikuliert und gesagt "to Cachi". Ah, der Polizist verstand, dass wir Touristen sind und meinte nur noch "Luz" und deutete auf einen Schalter. Licht, ok, schalten wir ein. Und so durften wir einfach weiterfahren.

Zwischen Bergen, Tälern, Flüssen, Tieren und Menschen

Es geht kontinuierlich bergan in Richtung Humahuaca und ehe man sich umsieht ist man gute 2.000 Höhenmeter hinauf geklettert auf über 3.000m. Belohnt wurden wir von traumhaften Bergkulissen, die nur noch vom Serrania de Hornocal auf 4.350m übertroffen wurde - atemberaubend schön. Und wir wären fast vorher umgekehrt, weil die Straße (Schotterpiste) immer enger und steiler wurde und die Leistung unseres Wagens ob der zunehmenden Höhe immer weniger wurde. Doch nach einer kleinen Pause und einem genialen Impuls von Sarah fuhren wir weiter und trafen auf diese einzigartige Kulisse. Es ist zutiefst beeindruckend, zu welcher Schönheit die Natur fähig ist und sie tut dies einfach so. Aus ihrer Ordnung, aus ihrer Harmonie und ihrem Rhythmus entstehen derartige Schauspiele - ohne Absicht, ohne Zweck, ohne Notwendigkeit.

Die Autofahrt geht weiter - jetzt wieder nach Süden

Die Fahrt ging also wieder zurück in den Süden und bergabwärts, wobei uns die Höhenluft kaum merklich zu schaffen gemacht hat. Von Jujuy nahmen wir eine alternative Route über die Berge nach Salta. Wir hatten Schotterpiste erwartet und eine ein wenig abenteuerliche Straße, aber alles gut. Die Straße war asphaltiert bis zum Ende und auch breit genug für Gegenverkehr - was stand da wohl wieder nur in den Internet-Reiseführern?

Ja, gut, unser Fehler. Wir hatten diese Strecke mit der Strecke am nächsten Tag verwechselt. Da ging es nämlich von Salta rüber nach Cachi und jeder hat diese Strecke empfohlen und davon geschwärmt. Und in der Tat war diese Strecke ein Highlight unserer gesamten Reise um die Welt. Anfangs war die Strecke noch asphaltiert und wir dachten noch, dass die ganzen Reiseführer übertreiben - gestern war alles harmlos und heute sind hier auch beste Straßenverhältnisse. Dies hat sich dann nach einigen Kilometern geändert. Es wurde steil, es wurde Schotter, es wurde schmal und noch steiler und noch höher. Hinter jeder Kurve neue grandiose Ausblicke, die wir gar nicht alle fotografieren konnten. Schließlich wollten wir noch bei Tageslicht ankommen, was sich am Ende des Tages noch als Herausforderung entpuppen sollte.

In Cachi genossen wir ein leckeres Mittagessen am Marktplatz, quadratisch wie in jedem Dorf oder in jeder Stadt und gerne "plaza del arma" genannt. Nach den vielen Berichten über Cachi dachten wir, dass dies ein großer, touristischer Ort sei. Ist er nicht, er ist sehr klein und überschaubar, ein paar Straßen und noch viel einheimisches Leben. Als wir den Ort dann gemütlich verließen wussten wir auch warum. Die Straßen zu ihm sind alles andere als für Massentourismus ausgelegt. Von Norden geht es über die bekannten Berge (~80km) und von Süden gute 150km auf Sand-, Schlamm- und Schotterpisten, teilweise so schmal, dass wir heilfroh waren, dass da keiner entgegenkam.

Bis zu unserer Unterkunft waren es nur noch 20km oder so, auf dieser Piste jedoch zeitaufwendig. Als das Navi sagte "sie haben ihr Ziel erreicht" war da nichts - nichts. Ok, nächsten Schotterweg rechts ab, da das Hotel auf der online-Karte irgendwo am Wegesrand eingezeichnet war. Nach ein paar abenteuerlichen Kilometern kam einfach nur noch weniger nichts. Also wieder zurück und weiter zum nächsten Dorf, das war ja schon angeschrieben. Die Straßen dort waren sehr gepflegt, Kopfsteinpflaster und kaum ein Staubkorn darauf zu finden, nur unser Hotel war nicht da. Das einzige Hotel, das wir fanden war geschlossen, ebenso das Restauarant. Es wird wohl heute Abend auch nicht viel zu Essen geben. So fuhren wir einmal um das Dorf, den Hügel hoch und wieder runter, hielten am Marktplatz an und kaum war ich ausgestiegen sah ich auch das passende Schild. Wir waren zwar laut Navi und hoteleigener Beschreibung völlig falsch, aber dennoch richtig. Das wäre also auch geschafft. Mit Händen und Füßen eingecheckt, nach dem Wifi-Passwort gefragt und vielleicht hätten wir auch noch etwas zu Essen bekommen, aber die Speisekarte haben wir erst am nächsten Morgen beim Frühstück entdeckt.

Weiter nach Cafayate - 130km Schotterpiste

Um es kurz zu machen, die Strecke war für Mensch und Maschine anstrengend. Unser kleiner Chevrolet hat am Ende deutlich mehr geklappert als am Anfang, aber tapfer durchgehalten. Es ist interessant, wie sehr wir uns von Vorstellungen haben verleiten lassen. Nur weil viele Touristen über Cachi schreiben, heißt das ja nicht gleich, dass das ein großer Ort ist oder die Straße dorthin auch geteert ist. So entstehen ganze Filme vor unserem geistigen Auge wie es wohl irgendwo aussehen müsste. Wenn man dann dort ist, sieht es ganz anders aus. Auch das ist und war wieder eine wertvolle Erfahrung und es war auch schön, doch noch überrascht zu werden und nicht schon vorher alles im Fernsehen oder Internet gesehen zu haben.

Cafayate selbst ist größer, touristischer und ja, hat auch einen quadratischen Marktplatz. An dem saßen wir abends zu Bratkartoffeln und Wasser, als Polizei vorfuhr und die Straße absperrte. Wir waren etwas verwirrt, hörten aber alsbald eine Stimme durch ein Megaphone. Anscheinend eine Demonstration, die anderen Menschen um uns blieben ruhig, also taten wir das gleiche. Als die Demonstration näher kam, stellt sich heraus, dass es eine religiöse Prozession war. Der Pfarrer vorweg, die Monstranz hinterher und die Gläubigen eifrig singend folgend. Kurz darauf war die Prozession verschwunden, die Polizei war weg und der Verkehr floss wieder. Es war übrigens der 01.11., Fronleichnam, und wir waren nachträglich froh, dass so viele Restaurants offen hatten.

Der Mietwagen war eine sehr, sehr gute Entscheidung

Diese Woche durch Argentinien über Berge, durch Täler, über Schluchten und Flüsse, durch Dörfer, Wälder, Wiesen, Halbwüsten, Oasen, vorbei an überdimensionierten Christus-Statuen (genauer an einer) und Mitten im Leben der Bewohner war wundervoll - im wahrsten Sinne voller Wunder.

Wir sind sehr froh und glücklich, den Abstecher hoch in den Norden gemacht zu haben. Iguazu weiter westlich war auch grandios.