"Unser" Kindergarten in Lüderitz

Auf der Suche nach einem weiteren Projekt, das wir neben der PSFA in Kapstadt unterstützen wollten, sind wir auf einen Kindergarten in Lüderitz gestoßen - ein Kindergarten oder besser eine Vorschule der Lutherischen Kirche. Ein Kindergarten, der eventuell unser Leben verändern wird.

hinterste Reihe: 1. von links: Anthea 1. von rechts: Magdalena

Der Kindergarten liegt in der s.g. Location in Lüderitz. Die Location ist der Ort, an dem die Schwarzen leben - also es leben dort nur Schwarze und im Ort Lüderitz selbst leben auch ein paar Schwarze, umgekehrt haben wir das noch nicht erlebt. Auf den Fotos kann man einen kleinen Eindruck bekommen. Es sieht recht ordentlich und strukturiert aus und es wirkt recht friedlich. Wir haben keinerlei Feindeseligkeiten erfahren, im Gegenteil, die Menschen lächeln und winken zurück. Dieser Eindruck darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es viel Kriminalität und häusliche Gewalt gibt. Der übermäßige Konsum von Alkohol, nicht nur von Männern, trägt sein übriges bei. Fast schon müßig, zu erwähnen, dass die Armut hier sehr hoch ist.

Mit diesem Hintergrundwissen hat es uns dann auch nicht mehr überrascht, dass viele Eltern ihre Kinder nicht nur aus Bildungsaspekten und Erlenen von Sozialverhaltens in den Kindergarten bringen, sondern auch als Schutz vor dieser Gewalt. Vergewaltigungen und Missbrauch jeglicher Art auch gegenüber Jungen ist wohl üblich.
Wenn man bedenkt, dass ein sehr gutes Gehalt 3.000 NAD im Monat sind (ca. 200 EUR) und der Kindergarten pro Kind 100 NAD kostet bei Lebensmittelkosten wie in Deutschland, dann ist es diesen Eltern nicht hoch genug anzurechnen, wieviel ihnen das Wohl ihres Kindes trotz aller Not wert ist. Nicht alle Eltern können dieses Geld immer und regelmäßig aufbringen und trotzdem laufen die Kosten im Kindergarten weiter und trotzdem wird kein Kind ausgeschlossen - man versucht eine Lösung mit den Eltern zu finden.

Der Kindergarten selbst

Der Kindergarten ist wie man auf den Fotos sieht mit einem hohen Zaun umgeben und Stacheldraht bewehrt. Für uns erscheint dieser Ort als kein geeigneter Platz für glückliche Kinder, die eine unbeschwerte Kindheit erleben dürfen. Dennoch durften wir in ein paar lachende und freudige Kinderaugen blicken, die jubelnd zum Taxi gerannt sind, das sie täglich wieder sicher nach Hause fährt - also nicht ein Taxi pro Kind, eher 8 Kinder pro Taxi.

Das Gebäude gehört wohl der Lutherischen Kirche und der Kindergarten bezahlt eine Miete an die Kirche. Während der Ferien wird das Gebäude anderweitig verwendet bzw. bewohnt. Eine Zeit, in der die Kinder mehr oder weniger schutzlos zuhause sind. Kinder übrigens, die sehr offen sind, sehr neugierig und sehr schnell in Kontakt mit einem gehen. Auch in Swakopmund durften wir das erleben, dass manche Kinder über eine Stunde bei einem sitzen und in den Arm genommen werden wollen. Es gibt beim Abschied kein Gezedere und Heulen, vielmehr winken die Kinder, nehmen einen nochmal in den Arm und sind fröhlich und dankbar für die Zeit, in der wir da waren.

Auch erlebten wir kein Betteln oder gar irgendeine Anspruchshaltung, wir müssten etwas spenden oder geben - im Gegenteil. Wir mussten intensiv nachfragen, ob es denn etwas gäbe, das wir geben oder tun könnten.

Während unseres ersten Besuches haben wir erfahren, dass der Rotary Club wohl einen neuen Kindergarten aus Steinen bauen möchte. Interessanterweise haben wir in Swakopmund beim Besuch eines Frauenprojektes Anja Rohwer getroffen, aktuelle Präsidentin des Rotary Club in Swakopmund, die uns erzählt hat, dass sie gerade von einem Treffen der Rotarier in Lüderitz zurückkommt und sie dort einen Kindergarten bauen wollen. So schließt sich der Kreis und wir stellen fest, die Welt ist klein.

Anthea

Anthea ist die Haushälterin in unserer ersten Unterkunft in Lüderitz. Sie haben wir gefragt, ob sie den Kindergarten kennt, den wir im Internet gefunden haben - eine Adresse gab es nicht und ich glaube, in der Location gibt es keine Starßennamen oder gar Hausnummern. Wir haben jedenfalls keine gesehen.

Sie kannte den Kindergarten zuerst nicht, zumal es mehrere gibt, dann fragte sie ihre Kollegin, die konnte mit dem Namen Magdalena Boer, die Leiterin, etwas anfangen und kurze Zeit später war ihre Telefonnummer organisiert, Anthea konnte sich erinnern und es stellte sich heraus, dass sie selbst schon in diesen Kindergarten gegangen ist.

Spontan und unkompliziert stieg Anthea in unser Auto ein und wir fuhren direkt zum Kindergarten - ohne Plan und Vorstellungen.

So wurde Anthea zu unserer Kontaktperson für den Kindergarten. Über sie organisierten wir unseren zweiten Besuch mit Nancy und Stephan, bei dem wir dann auch ein paar Blöcke, Malstifte etc. dabei hatten.

Anthea ist eine so herzliche, dankbare und hilfsbereite Person, die ohne Eigennutz uns zum Kindergarten brachte und mit uns Kontakt hält. Das berührt uns sehr. Natürlich haben wir ihr und auch der Leiterin des Kindergartens etwas Geld gegeben. Wir bewundern, dass sie nie fordern, nie nach Geld fragen und immer selbst schauen, mit ihrer Situation klarzukommen.

Wie geht es weiter mit Anthea, Lüderitz und dem Kindergarten?

Das ist eine interessante Frage... Zum einen sind wir beide sehr von Afrika angetan, insbesondere von Namibia. Wir lieben diese Weite und Ursprünglichkeit. Zum anderen zieht uns Lüderitz an.

Wir können uns aktuell vorstellen, nach Lüderitz zu gehen und dort zu wirken. Natürlich gibt es dafür viele, ganz duale Fragen. Wie finanzieren wir uns, wie erhalten wir eine dauerhafte Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung, das ist in Namibia nicht ganz einfach. Was genau wollen wir tun und wie sieht eine wirkliche Hilfe für die Menschen aus. Es geht uns nicht nur um das Wohl der Armen, meist Schwarzen, sondern auch um ein friedliches Miteinander aller Menschen und auch mit Mutter Erde.

Dann gibt es da noch die Tochter von Anthea. Sie würde gerne in 2 Jahren, nachdem sie die Schule abgeschlossen hat, als Au-Pair nach Deutschland kommen. Auch das werden wir im Hinterkopf behalten und auch das ist etwas, wofür wir Anthea dankbar sind, sie versucht ihren Kindern eine sehr gute Schulbildung zu ermöglichen.

Klar ist auch, dass wir im Bereich Bildung wirken werden, denn unsere Hilfe kann nur eine nachhaltige Hilfe zur Selbsthilfe sein. Aufklären und verbinden werden weitere Aspekte unseres Wirkens sein.